Wenn das Wort Sexualität ….. Über den Umgang mit Projektionen

von Gerhard Tiemeyer

Sobald Du in der Öffentlichkeit mit dem Wort Sexualität erscheinst, gibt es die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass allerlei Projektionen zu Dir herüber wollen.
Was immer sich unbewusst in den Gehirnen und Körperzellen der Lesenden oder Hörenden mit dem Wort verbindet sucht einen Weg ‚an die Luft‘ zu kommen.

In den Menschen, die zu Dir kommen und offen mit Dir reden, sind diese Projektionen eher weniger aktiv, weil sie bewusste, klare eigene Bedürfnisse, Wünsche, Erlebnis- oder Heilvisionen haben. Projektion ist ein Weg, wie unbewusste Wünsche und Themen sich zeigen ohne bewusst zu werden. Der psychische ‚Trick‘ ist, die eigenen Wünsche und Themen in anderen zu ‚sehen‘, über sie bei anderen Menschen zu reden – und auf diese Weise werden sie ‚bearbeitet‘, ohne dass derjenige oder diejenige, die sie bearbeiten, merken, dass es ihre eigenen sind.

Projektionen in Bezug aus Sexualität haben meistens eine sehr aggressive Form: Schlampe; Hure; die sollte Mann…‘; die ist krank; die soll hier weg! Ich will die nicht in meiner Umgebung; das gehört verboten. Die wird es mit jedem machen; die verführt unsere Männer und Kinder und Frauen – natürlich ist sie lesbisch;

Hilfreich kann es sein, das Wissen über das Gesetz der Projektion anzuwenden:

Du darfst davon ausgehen, dass, wenn die Nachbarn über Dich reden, diese gar nicht Dich meinen, sondern dass sie über sich reden. Sie erzählen Ihre Wünsche und ihre Konflikte und bestrafen sich selbst.

‚So was wie die gehört hier nicht hin‘ bedeutet: Meine Lust auf Lust, meine Sexualität gehört hier nicht hin, die muss möglichst weit weg. Und ich rede jetzt sehr heftig und viel und auch mit anderen darüber, die sind der gleichen Meinung. Das reden über Dich ist geradezu erregend, d.h. die Bedürfnisse finden einen Weg nach draußen – ohne dass sie als Lust oder auch nur als Bedürfnis wahrgenommen werden können.

Wie kannst Du mit Projektionen umgehen?

Da diejenigen, in denen die Projektionen aktiv sind, eben dies nicht merken, sondern eine unbewusste Lust im aggressiven Projizieren auf Dich erleben, ist sachliches argumentieren ebenso wenig hilfreich, wie provokatives Aufdecken der Projektionen. Beides ist für das Unbewusste der Anderen eine Art spezielle Einladung zu mehr desgleichen.

Leider erwischen Projektionen oft ‚wunde Punkte‘ bei Dir selbst.

Das merkst Du daran, wenn Du stundenlang im Geist mit den Leuten redest; wenn Du lange Erläuterungen im Kopf hast oder aggressive Impulse wie: „die sind pervers, ich bin Opfer einer Hexenjagd ….“ – oder wenn Du einen großen Aufwand für einen Panzer oder dicke Haut usw. betreiben musst. Ein gewisser Aufwand ist natürlich immer wichtig und ohne gute Schutzkleidung kann man nicht frei leben. Schutz sollte nur nie ‚Not‘ werden.

Wenn Du mit den eigenen Themen und Betroffenheiten halbwegs ‚rund‘ bist, merkst Du das daran, dass Humor auftaucht. Wenn Du dann Projektionen ‚abbekommst‘ entsteht vielleicht ein inneres Lächeln und Gelassenheit. ‚Ach ja‘ das kenne ich selbst von früher‘ oder ‚ach ja, da ist es wieder‘ wie traurig und schade.

In der praktischen Kommunikation kann das z.B. bedeuten, mit den Basics der gesunden Kommunikation zu reagieren: ‚hm‘, aha – und ein wörtliches Spiegeln mit einem leichten Frageton – mehr nicht. Nur die Worte fragend in den Raum stellen und direkt die Leute anschauen. Das wird fast immer verwirrend wirken, weil Deine Reaktion unerwartet ist, weil es so scheint, als müssten sie nun mehr erklären – was sie nicht können.

Du kannst auch z.B. sagen: Hm – und die Worte, die gefallen sind, wörtlich wiederholen – wissen Sie Frau…, Herr…, ich verstehe Sie nicht gut, helfen Sie mir, denn mit meiner Arbeit hat das nichts zu tun. Vielleicht sollten Sie sie mal ausprobieren?“ Wichtig ist, dass Du, wenn irgend möglich, Deine Arbeit nicht ungefragt erläuterst. Diese Erklärungsversuche wirken, wenn sie zu früh und vor allem zu lang kommen, wie Rechtfertigungen und Rechtfertigungen sind Futter für Projektionen.

Schließlich gibt es noch, wenn Deine Webseite Medium von Projektionen wird, diese auf der Seite selbst auszusprechen: „Es gibt immer wieder einige wenige Menschen, die haben derart verworrene sexuelle Themen und Wünsche, die sie sich selbst nicht zugestehen können und die, hinter ihrem Rücken, nach draußen kommen. Solche Menschen sagen z.B. – und dann genau den Nachbarn oder andere Leute zitieren.

Ein letztes erscheint mir zu dem Thema wichtig: das eigene Auftreten, die eigene Webseite vielleicht mit etwas weniger Einladungen zur Projektion zu versehen, ist auch eine Möglichkeit. Sexuelles Erleben zu erzählen, die Themen anzusprechen – auch sehr offen, mit direkter Sprache – das ist etwas anderes, als Massage, Tantra oder Yonimassage oder ein eigenes Foto in lustvoller Bewegung – in den Mittelpunkt, ganz nach vorne zu stellen. Es geht nicht darum, sich zu verstecken – ganz im Gegenteil, aber genauer zu prüfen, mit was und wie ich in die Öffentlichkeit trete.

Eine Antwort auf „Wenn das Wort Sexualität ….. Über den Umgang mit Projektionen“

  1. Danke für die Worte, die mir aus der Seele sprechen. Da ich mich entschieden habe, als Coach und Sexualberaterin zu arbeiten stehe ich solchen Ansichten „so etwas macht man doch nicht“ und „was sollen nur die Leute denken“ gegenüber. Da ich kein Problem habe, ganz offen über Sex zu sprechen, werde ich auch oft ganz erstaunt angeschaut und es wird verschämt gelacht, weil ich mich eben traue und sage, was ich denke und auch mehr Offenheit, Transparenz und Aufklärung bei einer der natürlichsten Sachen der Welt erreichen möchte. Ich möchte erreichen, dass Menschen, Liebende, sich dieser Macht der Sexualität bewusst sind und was es für einen enormen positiven Ausmaß auf eine Partnerschaft haben kann, WENN es gut läuft.
    Man muss sich als Sexualcoach schon gut abgrenzen können, damit dass, wofür man kämpft und das was man vermitteln möchte, nicht von bösen Zungen zunichte gemacht wird. Außerdem habe ich auch gelernt, dass man mit manchen Menschen auch gar nicht konstruktiv diskutieren kann, weil sie einfach so festgefahren sind und keinen Millimeter von ihren Auffassungen abweichen. Das ist so schade, denn es gibt so viel zu entdecken, wenn an mal die Perspektive wechselt. Andererseits gibt es auch wieder Menschen, die sich motiviert fühlen, die neue Impulse bekommen haben, die Dankbar sind für das Neue und die so schöne Erfahrungen machen, wenn man begriffen hat, wie gut Veränderung sein kann. Und wenn das manchmal auch nur wenige Menschen sind, allein dafür hat sich die Arbeit, die Zeit und das Engagement gelohnt.

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